Over there at RPG Overview Brandon Goeringer did an extensive video-review of our OSR-adventure The Saint of Bruckstadt. His conclusion: "Highly recommended".
August 09, 2021
Juli 30, 2021
Der Tempel des Frosches
Mit dieser Zeile beginnt das erste, jemals von TSR publizierte Abenteuer „Tempel des Frosches" (Temple of the Frog). Das 20-seitige Szenario war Teil des zweiten Ergänzungsbandes zum D&D-Regelwerk: Blackmoor. Der von Dave Arneson verfasste Text erschien 1975.
Worum geht’s?
Die sogenannten Brüder des Sumpfes sind eine Vereinigung von Mönchen unter Führung eines Priesters, die ein radikales Ziel verfolgen: Da sie erkannt haben, welche Gefahr vom Mensch für alles Leben auf der Erde ausgeht, beschlossen sie, das Ende der menschlichen Spezies herbeizuführen. In den Kellern ihres Tempels züchten sie daher Killer-Frösche: „... einen halben Meter lang, mit Rasiermesser-scharfen Zähnen und Krallen, um jedes Opfer, das sie auf Befehl hin angreifen, zu zerfleischen.“
Konsequent zu Ende gedacht, müssten die Mönche sich irgendwann selbst den Fröschen zum Fraß vorwerfen. Ob sich die Gemeinschaft dessen bewusst ist, wird im Text nicht weiter ausgeführt. Zu fragen wäre außerdem, ob diese Killer-Frösche, nachdem sie die Menschheit ausgerottet haben, auch alle anderen Lebewesen auffressen werden und die Menschheit, in Gestalt der Mönche, erst recht dafür verantwortlich wäre, alles Leben auf der Erde ausgelöscht zu haben (denn spätestens wenn sie nichts mehr zu fressen haben, sterben auch die Killer-Frösche).
Besuch aus dem Weltall
Auf diese zweiseitige Einführung folgt die Beschreibung des Tempels, der Wehranlagen und der Keller, die durch insgesamt sechs handgezeichnete Karten der Anlage veranschaulicht wird.
Dem Leser des Textes wird rasch klar, dass der Tempel ausgesprochen gut bewacht ist. Wehrmauer, Türme, ein Graben, Zugbrücke, Eisentore, Katapulte, Speerschleudern und Patrouillen bei Tag und Nacht - Die Tempelfestung kann dem Angriff einer kleinen Armee durchaus standhalten.
Der Tempel und seine Räume sind detailliert beschrieben, tiefgehende Beschreibungen der Figuren (Motive, Ziele, Aussehen) sucht man jedoch vergebens. Selbst vom Hohepriester, Stephan der Stein, erfahren wir nur, dass er eine besondere Rüstung trägt, magische Waffen führt und eine fliegende Erste-Hilfe-Apparatur inklusive Kommunikationsanlage besitzt, über die er mit einer, um die Erde kreisenden Satelliten-Station in Verbindung steht.
Ja, eine Satelliten-Station. Denn, wie wir erfahren: „[Stephan der Stein] ... ist nicht aus der Welt von Blackmoor, sondern ein intelligenter Humanoid von einer anderen Welt/einer anderen Dimension.“
Darüber hinaus bleibt der Außerirdische aber blass. Wir es aussieht, wie er sich gegenüber seinen Untergebenen verhält, wie ein Gespräch mit ihm verlaufen könnte, erfahren wir nicht. Nur, dass er sich in der Rolle des Hohepriesters und Herrschers gefällt.
Ein Himmelfahrtskommando?
Die Beschreibung des Tempels gibt einen vorwiegend strategisch/taktischen Blick auf die Anlage; Wie dick sind die Mauern, wie stabil die Tore und Türen? Wo sind Wachen aufgestellt und woher kommt gegebenenfalls Verstärkung?
Die Leser erfahren, dass die Anlage von einer überwältigenden Menge an Feinden bewacht wird: Neben Ordensbrüdern und Banditen treffen die Spieler auf Riesenschlangen und -Ratten, Trolle, Ghoule, Medusen und Froschmenschen. Im Graben um den Tempel und im Zuchtteich lauern 1.200 Killer-Frösche. Auf der Wehrmauern patrouillieren zu jeder Zeit 150 Wachen. Im ersten Kellerstockwerk unterhalb des Tempels sind weitere 1.000 Wachen bereit, um bei einem möglichen Angriff einzugreifen.
Liest man diese Beschreibung, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich hierbei um ein Szenario für ein Strategiespiel handelt, mit der Mission, einen befestigten Tempel zu erstürmen. Eine Spielergruppe von vier bis sechs Charakteren, wie sie heute üblich sind, wird dazu allerdings nicht ausreichen.
Massenkampf mit Chainmail
Die Sache wird rasch klarer, hält man sich vor Augen, dass die Spielrunden der 70er Jahre aus 50 und mehr Spielern bestehen konnten. Hatten deren Charaktere zusätzlich Gefolgsleute und Mietlinge bei sich, konnten sie es mit dem kleinen Heer, das den Tempel bewacht, durchaus aufnehmen.
Zur Größe von Spielgruppen steht im ersten Band des D&D Regelwerks von 1974 folgendes zu lesen:
"Anzahl der Spieler: Mindestens ein Spielleiter (referee) und zwischen vier und fünfzig Spieler sind für eine einzelne Kampagne vorgesehen, wobei das Verhältnis von Spielleitern zu Spielern bei etwa 1:20 liegen sollte."
Es ist bekannt, dass Gary Gygax mehrere Spielergruppen an der selben Kampagne teilnehmen ließ, die dann, an unterschiedlichen Wochentagen, das Spielgeschehen vorantrieben. So war es denkbar, dass eine Spielergruppe am Dienstag einen Wachturm einnahm über den am Mittwoch eine zweite Gruppe tiefer in die Tempelfestung vordringen konnte.
Zur Frage, wie der Spielleiter mit den für heutige Zeiten unmöglich groß erscheinenden Spielergruppen umging, habe ich hier etwas gepostet. Daher möchte ich an dieser Stelle nur in aller Kürze auf die Spielerrolle des Callers eingehen, wie es sie ihn frühen D&D-Zeiten gab. Dieser "Rufer" hatte die Aufgabe, die zuvor von der Spielergruppe gefassten Pläne an den Spielleiter zu kommunizieren. Der SL musste daher nicht jeden einzelnen Spieler befragen (was tust du?), sondern hörte nur auf den Caller, was das Spiel in großen Runden deutlich beschleunigte.
Ankündigung in eigener Sache
April 28, 2021
Was taugt der D&D-Klassiker "The Keep on the Borderlands"?
Das Jahr 1979 war ein gutes für Dungeons. Im August präsentierte Gary Gygax auf der Gen Con XII den Abenteuerband The Village of Hommlet. Im Dezember publizierte TSR ein weiteres Abenteuermodul, ebenfalls von Gygax geschrieben: The Keep on the Borderlands.
Swords for hire
Mietlinge und Fackelträger sind bis heute beliebt bei OSR-Spielen, während sie beim offiziellen D&D in den Hintergrund gerückt sind. So hilfreich diese Gefolgsleute gerade in Spielen mit kleinen Gruppen sein können, darf doch der Aufwand für den SL nicht unterschätzt werden. In den OSR-Regelwerken gibt es unterschiedliche Ansätze, wie mit diesen NSC im Kampf verfahren wird. Einige simulieren ihre Kampfkraft, indem die SC, je nach Anzahl und Erfahrung der Mietlinge, Boni auf ihre Attacken oder ihren Rüstungswert erhalten. Gygax macht im Buch keine Angaben dazu.
Ein sicherer Hafen
Der Titel The Keep on the Borderlands stellt eine namentlich nicht genannte Grenzfestung in den Mittelpunkt des Abenteuers. Gygax hat diese Home Base mit einigen Details ausgestattet, um die Festung ein Stück weit zum Leben zu erwecken und mehr aus ihr zu machen, als einen ummauerten Laden für Ausrüstung und Waffen. „Die Festung ist ein Mikrokosmos, eine Welt in Miniatur“, schreibt Gygax.
Und natürlich können die Spieler einige NSC treffen, woraus sich, je nach Verhalten der Spieler, Vor- und Nachteile ergeben können. So ist es für die SC von Vorteil, wenn sie sich mit dem einflussreichen Gildenmeister und dem Burgvogt gut stellen. Ein Juwelen-Händler, der darauf wartet, mit einer Karawane sicher in die Zivilisation zurückzukehren, könnte Auftraggeber für ein Folgeabenteuer sein und der ach so sympathische, Bier-saufende Priester wartet nur darauf (Achtung: Spoiler!), von den SC als Begleiter für die Dungeon-Expedition angeworben zu werden, um ihnen dann in den Rücken zu fallen.
Dass die Grenzfestung bis ins letzte Detail ausgearbeitet ist, würde ich nicht unterschreiben. Es gibt definitiv Potential für tiefergehende Beschreibungen, wie zum Beispiel dunkle Geheimnisse, Liebschaften und Spannungen zwischen den Bewohnern, usw. Wie die Grenzfestung selbst hat übrigens auch keiner der NSC einen Namen (laut Gygax wurde darauf verzichtet, um das Modul möglichst einfach in bestehende Kampagnen einbauen zu können). Aber auch der Grund, warum die SC ihr Leben im Dungeon riskieren sollten, ist auf den ersten Blick nicht ganz klar.
Wildnis im Quadrat
Die Festung ist von Wildnis - Wälder, Fluss, Sumpf - umgeben. Auf der Karte, übrigens in Quadrate, nicht in Hex-Felder unterteilt, sind fünf Orte beschrieben, an denen es für die Spieler etwas zu entdecken gibt. Der von der Festung am weitesten entfernte Ort ist der Dungeon "Die Höhlen des Chaos". Ein mittelgroßes Areal, in dem es viel zu holen, aber auch viel Gelegenheit zum Sterben gibt.
Gygax skizziert, wie sich die Dungeon-Bewohner im Falle eines Angriffs verhalten, woher gegebenenfalls Verstärkung kommt und wohin sie fliehen, sollte es notwendig sein. Er schlägt außerdem vor, die Monster aus gemachten Erfahrungen lernen zu lassen. Konnten die SC einige von ihnen meucheln, werden die Monster darauf reagieren und ihre Verteidigung verbessern indem sie Fallen aufstellen und die Wachen verdoppeln.
Magie bis zum Abwinken
Resümee
The Keep on the Borderlands ist bis heute das am öftesten gedruckte D&D-Modul. Schätzungen zufolge wurden insgesamt 1,5 Millionen Exemplare verkauft. Zusätzlich gab es zahlreiche Überarbeitungen und Fortsetzungen des Abenteuers, das Gygax laut eigener Auskunft binnen einer Woche geschrieben hatte.
März 03, 2021
Dungeon-Crawl im Dreißigjährigen Krieg
Es ist soweit! Gazer Press startet heute mit dem Verkauf des neuen Abenteuerbandes „Der Heilige von Bruckstadt“. Warum das einen Blogeintrag wert ist? Weil ich selbst Teil des Teams bin und denke, dass das Abenteuer für euch interessant sein könnte.
Um was geht's?
Herbst 1632. Der Dreißigjährige Krieg verwüstet Deutschland. Heere und ihre Trosse fressen die Kornkammern leer und rauben das Vieh der Bauern. Zurück bleiben niedergebrannte Städte, Hunger und Pest, die ganze Landstriche in Friedhöfe verwandelt.
Bruckstadt blieb bisher vom Weltuntergang verschont. Die Bewohner führen das auf den Schutz des Heiligen Jakobus zurück. Doch das traditionelle Fest zu Ehren des Heiligen konnte in diesem Jahr nicht gefeiert werden. Die Explosion des städtischen Pulverlagers verschüttete den Zugang zur Gruft des Stadtpatrons. Der Pakt zwischen Jakobus und den Bürgern Bruckstadts droht zu brechen, falls nicht bis Ende des Monats ein anderer Weg zur Heiligengruft gefunden wird.
Dungeon-Crawl im Dreißigjährigen Krieg?!
Ja, das Abenteuer hat eine historische Kulisse: Dreißigjähriger Krieg, Feuerwaffen und katholische Heiligenverehrung. Aber dabei bleibt es nicht, denn die Grenze zum Übernatürlichem ist dünn und je tiefer die Figuren in die Katakomben unterhalb Bruckstadts vordringen, desto durchlässiger wird sie.
Wie die Testspiele zeigten, ist der Dungeon ein gefährlicher Ort. Auf den Unvorsichtigen warten Flüche von jenseits des Grabes und Fallen, die qualvolle Tode bereiten. Uralte Geheimnisse versprechen Macht und stürzen denjenigen in den Wahnsinn, der zu schwach ist, den Blick hinter die Schatten zu ertragen. Und ganz unten in der Gruft, wo die Verdammten ihren Schmerz mit Blut an die Wände schmieren, lauert ER: Seit einem halben Jahrtausend tot, zurückgekommen, um zu strafen.
That's all?
Bei Weitem nicht. Da wäre noch Bruckstadt, das Örtchen am Katzbach, dessen Einwohner nicht so fromm sind, wie sie sich geben. Die Ruine Aarhorst, wo sich kürzlich ein Söldnerhaufen unter Führung einer Kreolen-Prinzessin eingenistet hat und ein einsames Hügelgrab, von dem die Bauern sagen, dass nachts die Geister der Toten um das Steinkreuz auf seiner Kuppe tanzen. Und dann gibt es noch das Wolfsmoor. Ein einsamer Landstrich, der im Mittelalter Rückzugsort eines Kultes war, von dem es heißt, dass seine Anhänger bis heute der alten Kröte in unsagbaren Ritualen huldigen.
Das Spielsystem?
Geschrieben wurde das Abenteuer mit Blick auf das Regelwerk von Lamentations of the Flame Princess. Wir berücksichtigen daher deren Skill-System und führen bei den NSC die LotFP-Werte an (Rüstung, Bewegung, Trefferpunkte, Schaden, Moral).
Es soll aber ausdrücklich betont werden, dass „Der Heilige von Bruckstadt“ mit jedem Old School-Regelwerk spielbar ist, d.h. mit Regelwerken, die auf den frühen Versionen von D&D basieren. Im Buch werden daher bei den geforderten Proben immer Alternativen zu den LotFP-Skills angeführt.
Wer es mit dem Regelwerk von LotFP spielen möchte und die Printausgabe nicht besitzt, kann hier die kostenlose PDF-Version herunterladen.
Stimmen aus der Szene?
Wo kaufen?!
Kaufen könnt ihr den Abenteuerband direkt in unserem E-Shop oder bei Sphärenmeisters Spiele. Wer das Buch lieber im Laden ums Eck kaufen möchte, kann das bei Plant Harry in Wien tun. Die Liste wird laufend erweitert.
Januar 24, 2021
Dungeon-Crawl: Spaziergang oder Expedition?
Illustration: Mariela Schöffmann |
Mit den bei den Testspielen gesammelten Erfahrungen möchte ich ein paar Worte über Dungeon-Expeditionen schreiben. Ein Dungeon-Crawl lebt nicht nur von Monstern und Schätzen. Die Orientierung unter der Erde, die Wahl der richtigen Ausrüstung, der Verbrauch von Fackeln, Wasser und Nahrung können ebenfalls wesentliche Elemente des Spiels sein.
Weil uns bei den Testspielen Expeditions-Feeling wichtig war, wollten wir daher diese Punkte nicht ignorieren. Die Frage war, nach welchen Regeln das geschehen sollte? Hier ein kurzer Bericht, was bei unseren Spielrunden geklappt hat und was weniger.
Einer der wichtigsten Punkte ist die Frage der Orientierung: Zeichnen die Spieler die Karte selbst, oder bekommen sie eine vom SL vorgelegt. Da wir Corona-bedingt vom Wohnzimmertisch auf die Online-Plattform Roll20 ausweichen mussten, haben wir das Fog-of-War-System genutzt. Da ich bereits im letzten Blogeintrag über Kartografie im Dungeon geschrieben habe, gehe ich an dieser Stelle nicht noch einmal darauf ein.
Eine weitere wichtige Entscheidung, die maßgeblich zur Stimmung während des Dungeon-Runs beiträgt: Wie handhabt die Spielergruppe Dinge wie Traglast und Licht? Am einfachsten für alle Beteiligten ist davon auszugehen, dass die SC immer genügend Fackeln und Lampenöl mit sich führen. Auch die Traglast lässt sich entspannt handhaben, indem sie nur in Extremfällen beachtet wird. Etwa, wenn ein SC versucht, eine ganze Waffenkammer mit in den Dungeon zu schleppen, oder die hunderte Kilo schwere, antike Goldstatue einfach so in seinen Rucksack packen möchte.
Doch diese wenig aufwändige Spielvariante geht meist auf Kosten des Expeditions-Feelings. Lässt man sich ein Stück weit auf Mikro-Management ein, kann das Spannung und Spieltiefe maßgeblich erhöhen.
Runden zählen, aber wie?
Der Spielleiter sollte zunächst die (gezeichnete oder vorgelegte) Karte einziehen, die SC können sich nur an den Wänden entlang tastend vorwärts bewegen. Glücklich jene Spieler, die sich den Verlauf der Gänge in etwa gemerkt haben und rasch zurück ans Tageslicht finden. Für die anderen kann diese Situation leicht in einen Todesmarsch eskalieren. Kämpfe, auch gegen einfache Gegner, werden im Handumdrehen zu einer Herausforderung, da die SC wegen ihrer “Blindheit” hohe Abzüge auf Angriffswürfe hinnehmen müssen. Wie viel Wasser und Nahrung führen sie mit sich? Wie lange dauert es, bis sie verdursten?
Solche Episoden machen Dungeon-Expeditionen noch einmal spannender und gefährlicher. Doch dazu muss gewährleistet sein, dass Fackeln, Lampenöl, der Inhalt von Wasserflaschen und Proviant-Rationen nicht nur exakt verzeichnet sind, sondern auch ihr Verbrauch dokumentiert wird. Das kann auf unterschiedliche Weise geschehen. Das Players Handbook von 1978 schlägt vor, die Zeit bei einem Dungeon-Run in Runden (Turns) zu unterteilen, wobei eine Runde einer Dauer von zehn Minuten entspricht. Eine Fackel wäre daher nach sechs Spielrunden heruntergebrannt.
Je nach dem, ob die SC schleichen, gehen oder laufen, können sie innerhalb der zehn Minuten eine bestimmte Strecke im Dungeon zurücklegen. Die verstrichene Zeit lässt sich daher anhand der zurückgelegten Wegstrecke messen. Doch Spieler lassen ihre Figuren nicht nur marschieren, sie suchen nach Fallen, öffnen verschlossene Türen, kämpfen und schlagen Lager auf, um sich um die Verwundeten zu kümmern. Manche Spielergruppen zählen die Runden daher mithilfe von Markern, was auch den Vorteil hat, dass die verstrichene Zeit für jeden am Tisch sichtbar wird.
Es mag Gruppen geben, für die das Zählen von Runden auf diese oder andere Weise gut funktioniert. In unseren Testrunden hat es das nicht getan. So sehr ich es schätze, Traglast und Licht mitzudenken, so wenig hab ich mich mit dem Rundenzählen anfreunden können. Für den Spielleiter war es eine zusätzliche (lästige) Aufgabe und wenn es ein Spieler übernommen hat, geschah es immer wieder, dass auf das Zählen vergessen wurde, weil so viel anderes geschieht, dass die Aufmerksamkeit fesselt.
Bei unseren Testspielen hat sich daher eine lockere Handhabung der Lichtfrage bewährt: Zunächst erhielt jede Lichtquelle eine bestimmte Anzahl an Lichtpunkten. Eine Kerze wenige, eine Fackel mehr, die Öllampe am meisten. Jedes Mal, wenn ein Spieler eine Probe ablegte (Kraft-Probe, Schloss öffnen, Suchen nach Fallen, …) reduzierte sich automatisch die Brenndauer aller aktiven Lichtquellen um 1 Punkt. Je öfter daher eine Probe wiederholt werden musste, desto mehr Licht wurde verbraucht.
Klar, das ist keine realistische Simulation, nach der die Lichtquellen sich kontinuierlich verbrauchen müssten und nicht nur, wenn Proben abgelegt werden. Aber für unser Spiel hat es funktioniert.
1. Weil niemand mehr Runden zählen musste und nach einer kurzen Gewöhnungsphase das Ablegen einer Probe ganz automatisch mit dem Abstreichen von Lichtpunkten einherging.
2. Weil es plötzlich nicht mehr bedeutungslos war, ob der SC eine Probe beim ersten oder beim x-tan Mal schafft, da jeder Patzer zusätzlichen Lichtverlust bedeutete.
Traglast leicht gemacht
Abhängig von seiner Traglast verliert der SC Bewegungspunkte. Will die Gruppe vor einem übermächtigen Gegner fliehen, vergleicht der SL den Bewegungswert der einzelnen SC mit jenem des Monsters. Wer zu langsam ist, kann entweder Ausrüstung (Schätze) abwerfen, oder muss sich dem Kampf stellen.
Es braucht also nicht zwingend eine aufwändige Buchhaltung, um den Verbrauch von Lichtquellen und die Traglast zu simulieren. Vorausgesetzt die Spielergruppe möchte mit weniger Realismus zugunsten einfacherer Spielregeln leben.
Wie handhabt ihr eure Dungeon-Expeditionen, wieviel Realismus ist euch wichtig?
Dezember 29, 2020
Der Kartograf
Das bedeutet, die vom Spieler angefertigte Karte war gleichzeitig ein in-game Artefakt. Stürzte der Kartograf in ein bodenloses Loch, oder verglühte die Karte in einem Feuerball, kassierte der SL die Kartenskizze ein und die Spieler mussten eine neue Karte zeichnen.
In den Mega-Dungeons von D&D war das Zeichnen von Karten eine Herausforderung, die die Spieler meistern mussten, um in den Labyrinthen nicht verloren zu gehen. Die Dungeons waren chaotisch mit seltsam geformten Räumen, diagonalen Tunneln, Auf- und Abgängen, die Ebenen überspringen, und zahlreichen Teleportern.
In der ersten Ausgabe des D&D Regelwerkes von 1974, Band 3, "The Underworld and Wilderness Adventures", gibt Gary Gygax Tipps für den Aufbau eines Dungeons. Er empfiehlt, die Karten möglichst kompliziert zu gestalten, um dem Kartografen die Arbeit zu erschweren. In der Legende zu einem Beispiel-Dungeon vermerkt er unter Punkt 3:
Komplizierte, weit verzweigte Dungeons, die sich im Laufe der Zeit auch noch verändern, können das Leben des Kartenzeichners ordentlich erschweren. Viele Spielergruppen ersparen sich daher heute das Kartenzeichnen. Entweder, indem die SL den Spielern die Karte des Areals (analog oder digital) Schritt für Schritt aufdecken, oder ihnen eine vorgefertigte Karte des gesamten Areals vorlegen.
Das erspart viel Arbeit, Fehler sind weitgehend ausgeschlossen. Der Dungeon erscheint den Spielern so, wie vom SL entworfen.
Man könnte allerdings sagen, dass mit der Erleichterung auch ein Stück weit Expeditionsfeeling verloren geht. Es fällt die intellektuelle Bezwingung des Dungeons weg, wie The Angry GM es nennt. Denn neben dem offensichtlichen Gewinn für die Spieler, zu wissen, wo im Raum sie sich befinden, verdeutlichen sie durch das Zeichnen der Karte den Fortschritt ihrer Expedition. Ein Fortschritt, der nicht vom SL vorgelegt wird, sondern den sie sich selbst erarbeiten. Manche mechanischen Herausforderungen wie Teleporter, welche die SC unbemerkt in einen ganz anderen Teil des Dungeons beamen, verlieren ihre Wirkung bei vorgefertigten Karten. Nicht zuletzt bereichert die auf einer selbstgezeichneten Karte basierende Orientierung den Dungeon um eine weitere Herausforderung. Der Erfolg einer Expedition stand und fiel mit der Qualität der Karte.
Damit das Zeichnen der Karte nicht mühsam wird, ist es wichtig, sie einfach zu halten. Nicht jedes Detail muss abgebildet werden und auch die Maße der Räume müssen nicht maßstabsgetreu sein.
In Moldvays Basic Rulebook von 1981 erläutert der Autor die Aufgabe des Kartografen:
Ein Kästchen stellt einen Raum dar, ein Strich zwischen zwei Kästchen den Korridor, der sie verbindet. Ob dieser Korridor geradlinig oder geschwungen verläuft, ist nebensächlich. Ebenso sind die genauen Maße des Raumes für die Skizze nicht relevant. Gibt es im Raum Besonderheiten, können diese durch kurze Notizen oder Symbole markiert werden.
Dezember 01, 2020
Der Rufer im Dungeon
Anschließend gibt Holmes Anweisungen, wie die Spieler sich organisieren sollten. Folgender Absatz ist dabei interessant:
Beginnen wir mit dem Caller. Er ist derjenige, der nach Absprache mit der Gruppe dem SL mitteilt, welche Figur welche Aktion setzt. Was er dem SL mitteilt, gilt.
In den von Tom Moldvay editierten Basic Rules von 1980, Kapitel 4, "Organizing a Party", wird der Caller etwas genauer definiert:
Doch warum dieser Umweg? Der SL könnte doch genauso gut jeden Spieler reihum befragen, was seine Figur zu tun gedenkt.
Dazu Band 1 der ersten Version von D&D (1974):
Indem der SL die Organisation der Spieleraktionen an den Caller abgab, konnte er sich darauf konzentrieren den Dungeon zu beschreiben und die Monster und NSC zu führen. Daher also der Caller.
Der Caller kommunizierte nach Konsensfindung nicht nur die Entscheidungen der Spieler an den SL, er sprach auch im Namen der Gruppe mit den NSC. Daher der Verweis im Moldvay-Regelwerk, dass die Figur des Callers einen möglichst hohen Wert in Charisma haben sollte; ein Charisma-Bonus brachte Vorteile bei Verhandlungen mit NSC.
All das bedeutet nicht, dass es zwischen dem SL und den anderen Spielern keine Kommunikation gab. Der SL wandte sich immer wieder einzelnen Spielern zu, etwa wenn deren Figur von einem NSC angesprochen wurde oder wenn das Handeln einer einzelnen Spielfigur im Zentrum des Spieles stand. Der Caller beschleunigte aber die Entscheidungsfindung in der Gruppe und ermöglichte dadurch das Spiel in Gruppen von 20 und mehr Spielern zu meistern.
Da heute die Spielergruppen tendenziell überschaubar groß sind, braucht es den Caller nicht mehr zwingend. Der SL kann im Normalfall ohne Zeitverlust direkt mit den Spielern kommunizieren. Dennoch: Bei langwierigen Diskussionen am Spieltisch kann es Sinn machen, wenn vorab vereinbart wird, welcher Spieler dem SL die getroffenen Entscheidungen mitteilt. Insofern bleibt der Caller für manche Situationen eine hilfreiche Spielerrolle, um den SL zu entlasten.